17. April 2010

Japanisch inspirierte Handwerksarbeiten

Gerade hat mir der Organisator der Kesurokai, Hannes Schnelle, ein paar Fotos geschickt, die ich auf der deutsche Website einbauen soll. Sie sind so schön, dass ich sie auch hier veröffentlichen möchte.

Hannes hat in Japan sowohl gelernt, Shōji, die traditionellen japanischen Schiebetüren herzustellen, wie auch Fachwerk-Konstruktionen. Seine aktuellen Arbeiten zeigen Einflüsse beider Kulturen, wie wunderschön an diesem Brennholzlager zu sehen ist, das von seinen Besitzern liebevoll "Tempel der Stämme" genannt wird.

Hannes05 Hannes07

Hannes06

Hier einige traditionellere Shōji, die als Schranktüren eingesetzt werden:

Hannes04 Hannes03












Hannes02 Hannes01

14. April 2010

Fertiges Modell vom Pavillon

Completed pavilion model

So, nun ist das maßstäbliche Modell fertig und es sieht sehr schön aus. Es dient als Plan, wenn die Zimmerleute in Japan den Pavillon in Originalgröße bauen. Mir sind eine Reihe von sehr schönen Details aufgefallen:

Steinfundamente: Das Modell steht auf kleinen Steinen und ich vermute, es wird auch später so konstruiert, da dies die gleiche Bauweise wie bei unserer kleinen Scheune ist. Ein Großteil der Fachwerk-Konstruktion bleibt durch das Dach und die Wandverkleidungen trocken, aber die unteren Enden neigen zum Faulen, wenn sie auf der feuchten Erde stehen. Deshalb werden sie traditionell auf kleine Steinfundamente gestellt, wobei ein Blei-Blech zwischen den Stein und das Holz gelegt wird. Unten links kann man die Fundamente unserer Scheune sehen. Die Steine stammen aus dem Flußlauf direkt unter Robins Werkstatt und das Blei wurde von unserem Nachbar gestiftet, dem Pastor, der noch etwas von Reparaturarbeiten am Kirchendach übrig hatte:

Pavilion stone piers

Eichenpflöcke: Das Modell wird von hölzernen Pflöcken (Holznägeln) zusammen gehalten, denn so wird es auch später beim endgültigen Gebäude gemacht. Jede Verbindung ist sorgfältig angefertigt, so daß die von den Pflöcken zusammengezogen wird, wenn man sie in die Löcher schlägt. Die Holznägel werden aus sehr trockenem Holz gemacht, damit sie später nicht schrumpfen. Es werden etliche Holznägel gebraucht und ich vermute, das wird zwar keine anstrengende, aber eine langwierige Arbeit, sie vor Ort herzustellen.

Nummerierung der Verbindungen: Jede Verbindung wird mit einer Reihe von Symbolen markiert; man kann das auch auf dem Bild sehen, auf dem Hannes an unserer kleinen Scheune arbeitet. Wenn Du sie verstehst, zeigen die Symbole eindeutig, wo in der Scheune jedes Ende ines jeden Balken hingehört. Derartige Gebäude werden nicht Stück für Stück errichtet, sondern zunächst werden alle Teile zugeschnitten und jede Verbindung einzeln überprüft, bevor das gesamte Fachwerk dann auf einmal aufgestellt wird. Ich glaube, es gibt etliche regional verschiedene Systeme der Markierung in Europa, und das Japanische ist wieder anders, daher wird es spannend sein, zu sehen, welche Methode sie verwenden werden!

Pavilion wooden pegs and joint labelling

Mehr Bilder von dem Modell findet Ihr im Photoalbum.

9. April 2010

Werkzeug (und die Wunder von Skype)

Die Zimmerleute haben eine umfangreiche Werkzeugliste erstellt, die zeigt, was alles für den Bau des Europäischen Pavillons gebraucht wird. Die Werkzeuge müssen mitgenommen werden, da viele von ihnen typisch sind für die Europäische Zimmerei.

Heute Morgen haben Hannes und Robin einige Zeit via Skype derüber diskutiert, welche Werkzeuge gebraucht werden; irgendwie ist es viel einfacher, sich zu unterhalten, wenn man das Gegenüber sehen kann, insbesondere, wenn man nicht in seiner Muttersprache redet. Mit Hilfe der "Bildschirm teilen"-Funktion kann man sich auch gemeinsam Websites anschauen; hier diskutieren sie über Äxte:

Robin and Hannes discussing axes on Skype

Das Werkzeug muß nun unter Zeitdruck organisiert werden, da es aufgrund des großen Gewichts vorab nach Japan verschifft werden muß; der Transport geht Anfang Mai los. Hannes hat mit einer Spedition einen vergünstigten Tarif ausgehandelt und baut nun eine große Kiste (3m x 1m x 1m), wo alles hinein paßt.

Da viele der Werkzeuge sehr teuer sind, arbeiten sie auch daran, Rabatte oder Sponsoren dafür zu bekommen. Nach der Kesurokai bleiben die Werkzeuge in Japan als Geschenk an die Japanischen Zimmerer, die unsere Gastgeber sein werden.

7. April 2010

削ろう会

Ich habe im Internet nach mehr Informationen über die großen Kesurokai-Treffen in Japan gesucht und nun ist mir ein Durchbruch gelungen. Zum einen das japanische Wort 削ろう会 und auch die meistgebrauchte Übersetzung wird mit "z" geschrieben (Amerikanische Schreibweise) und auch oft getrennt, so dass sich kezuro-kai oder manchmal kezurou-kai ergibt.

Nun liefert Google allerlei interessante Sachen, zum Beispiel folgendes:

Profil: Ulrik Hjort Lassen

Ulrik Lassen

Ulrik stammt aus Dänemark, lebt aber zur Zeit in Schweden, während er an seiner PhD über praktische Zimmerei arbeitet, wofür er Arbeitsmethoden zur fertigung von Fachwerk-Konstruktionen untersucht. Sein besonderes Interesse gilt den unterschiedlichen Methoden des “Afbinding, Opsnøring and Tilridsning,”, Dänischer Brgriffe, die (unzureichend) mit Aufreißen und Anreißen übersetzt werden können.

Die Skandinavier nehmen traditionelles Handwerk viel ernster als hier im UK, und es gibt viele gute Fortbildungsprogramme. Ulrik begann seine Ausbildung zum Zimmerer an der Dacapo Craft School in Schweden, die ursprünglich eine Berufsschule für Zimmerleute war, die sich mit traditionellen Bautechniken beschäftigen, aber später in die Universität Göteborg eingegliedert wurde. So hat er mittlerweile einen Bachelor-Grad erworben und arbeitet jetzt an einem fünfjährigen Forschungsprojekt für seine PhD.

Während ich die Einstellung der Skandinavier zum traditionellen Handwerk bewundere, scheint es, als ob praxisorientierte PhDs in diesem Bereich noch nicht etabliert sind, weswegen er stets nach Wegen sucht, "eine praktische Untersuchung in einer akademischen Welt durchzuführen, ohne die Ausführung des Handwerks aus dem Blick zu verlieren. Da ich selbst eine praxisorientierte PhD gemacht und später andere Leute bei ähnlichen Projekten angeleitet habe, ist das vielleicht etwas, bei dem ich helfen kann. Ich freue mich darauf, in Japan etwas Zeit mit Ulrik zu verbringen und diese Fragen zu diskutieren.

Lina Lo Gillefalk

Einen großen Teil seiner Zeit verbringt Ulrik mit praktischen Bauprojekten, sowohl eigene im Bauhof als auch auf anderen Projekte, die über ganz Europa verteilt sind, denn in Schweden gibt es vorwiegend Blockbau-Konstruktionen und nur wenige Fachwerk-Bauten. Die Japanische Kesurokai bietet die Möglichkeit, sein Wissen zu erweitern!

Ulrik wird zusammen mit Lina Lo Gillefalk, seiner Verlobten, nach Japan reisen, die gerade ihren Abschluß als Denkmalschützerin macht, und sich auf Kulturerbe im Bereich Bauwerke (“bebyggelsesantikvarie”) spezialisiert hat. Sie wird das Projekt beobachten und gemeinsam wollen sie über die Bedeutung von praktischen Workshops zur Bewahrung praktischer Fähigkeiten und des nicht greifbaren, kulturellen Erbes der Baugewerke schreiben.

Mehr über Ulrik, auch ein paar Videos, findet Ihr auf dieser französischen Website über Fachwerk-Konstruktionen.

6. April 2010

Die ursprüngliche Japanische Kesurokai

Die Kesurokai-Treffen in Japan begannen in 1995, organisiert von dem hoch angesehenen Tempelbaumeister Sugimura san. Sein Ziel war es, Handwerker zusammen zu bringen, die für gewöhnlich einzeln arbeiten, um einen Austausch von traditionellen Handwerkstechniken und Wissen zu ermöglichen.

Diese Treffen dienen nicht nur der Erhaltung alter Fähigkeiten, sondern auch dazu, einen Sinn von Gemeinschaft unter den Handwerkern zu stiften und ihnen bei der Unterhaltung ihrer Firmen zu helfen. Die Kesurokai-Bewegung hat ca. 1500 Mitglieder in Japan und veranstaltet zweimal im Jahr Treffen im ganzen Land.

Ein Freund hat mich kürzlich auf diese Website hingewiesen, mit einigen Bildern von einem Kesurokai-Treffen 2006 - hier kann man sehen, wie groß und gut besucht die Treffen sind.

'Planing together' - paper thin wood shavings.

The scale of the event.

Across the generations too!

Auf dieser Website gibt es auch einige wirklich tolle Videos, in denen gezeigt wird, wie verschiedene Holzbearbeitungswerkzeuge hergestellt werden.

5. April 2010

Lernen auf Entfernung

Imaru san at his lathe and some of his bowls and plates

Vor zwei Jahren hat Robin das erste Mal über EMail Kontakt mit einem Japanischen Drechsler, Tomio Imaru. Angeregt durch meine Videos auf YouTube und Robins Buch 'The Wooden Bowl', hatte er sich eine Drechselbank für Schalen gebaut, einige WErkzeuge geschmiedet und sich ihren Gebrauch beigebracht. Die beiden bleiben über das Internet in Kontakt; Imaru san hat sich als guter Schüler erwiesen und macht sehr schöne Schalen!

Jetzt werden sie sich auch "in echt" treffen, denn Robin ist dabei, einen Besuch von Imaru san auf der Chisana Kesurokai-Baustelle zu organisieren, während wir im August in Japan sind. Sie wollen gemeinsam eine Drechselbank bauen, ein paar Werkzeuge schmieden und einige Schalen und Teller drechseln, die beim Grillen im Europäischen Pavillon benutzt werden können. Es wird sicher eine großartige Erfahrung für beide, denn es geht nichts darüber, gemeinsam mit einem Handwerkskollegen zu arbeiten, um die Fähigkeiten zu erweitern.

Hier ist ein Video, das ich von Robin und einem anderen Handwerker gemacht habe, den er über Entfernung betreut, Michail Schütte - er ist Deutscher, daher sehen wir uns ein wenig öfter!


4. April 2010

Traditionelle Handwerksausbildung

Als großer Bewunderer trditioneller Handwerkskunst finde ich es immer schade, wenn Handwerker am Ende ihres Arbeitslebens ankommen, ohne ihre einzgartigen Fähigkeiten weiter gegeben zu haben. Je mehr ich allerdings über die Art der trditionellen Ausbildung lese, desto besser verstehe ich, warum das passiert und ich wünsche mir keine Rückkehr zu den alten Lehrmethoden.

Jetzt habe ich das Buch "Edo Craftsmen, master artisans of old Tokyo" durchgelesen und von den zwölf vorgestellten Handwerkern schneinen nur zwei längerfristig gut laufende Betriebe geführt und ihr Wissen weitergegeben zu haben. Ein Teil des Problems ist die wachsende Verfügbarkeit von billigeren, massengefertigten Alternativen zu den Dingen, die sie herstellen. Allerdings schaffen es viele Handwerker trotzdem, ihre Produkte zu vermarkten, indem sie kleinere Mengen zu höheren Preisen an anspruchsvolle Kunden verkaufen. Das Problem ist eher, dass immer weniger junge Leute in die Handwerke kommen, die davon träumen, diesen Markt zu bedienen.

Die Beschreibungen der Erfahrungen dieser Handwerker mit der traditionellen Ausbildungen enthüllen sowohl die Härte dieses Systems als auch die heutigen Nachteile. Die Ausbildung beginnt in sehr jungem Alter und während der ersten Jahre verrichtet der Lehrling nur niedere Tätigkeiten, während er die Bandbreite der Techniken nur beobachtet. Die Komplexität der Aufgaben nimmt dann langsam zu, während der Lehrling älter und erfahrener wird. Der Schwerpunkt liegt eher auf Lernen als auf Lehren, auf beobachten und nachmachen statt erklärt zu bekommen, wie es geht.

Mit einem guten Meister und einem motivierten Lehrling funktioniert dieses System gut. In ihrer Beobachtung des Japanischen Keramikers Shoji Hamada beschreibt Susan Peterson die Beziehung zwischen Deshi (Lehrling) und Meister wie folgt: "Als Deshi zu lernen bedeutet, sich dem Meister hinzugeben, sich selbst zu verlassen und "in" den Meister einzugehen. Diese "Unterwerfung" bedeutet nicht blinde Nachahmung, sondern gibt die geistige Disziplin und die Möglichkeit, eine Fähigkeit in sich aufzunehmen".

Aber wie dem auch sei, es ist ein System, das sehr stark auf Vertrauen und non-verbale Kommunikation zwischen Meister und Lehrling baut, und das nicht immer gut funktionieren wird. Während ein sehr strenger Meister darauf achtet, dass das hohe Niveau von handwerklichen Fähigkeiten von einer Generation auf die nächste weitergegeben wird, geht dies möglicherweise zu Lasten derKreativität und der Fähigkeit junger Leute, Chancen zu erkennen und neue Märkte zu erchließen. Da junge Leute heutzutage außerdem viel länger zur Schule gehen, scheint mir die traditionelle Handwerksausbildung keine attraktive Option für sie zu sein.

Die Zukunft ist jedoch auch nicht völlig trostlos; ich denke, es gibt Handwerker, die sich an neue Wege des Lehrens anpassen und auch Multimedia hat ein großes Potential, komplexe Fähigkeiten zu dokumentieren und zu vermitteln. Bei meinem letzten Forschungsprojekt habe ich mit den traditionellen Sheffielder Messermachern zusammengearbeitet und ein Online-Angebot erstellt, das bereits erfolgreich von verschiedenen Lernenden verwendet wurde. Durch die Wunder des Internets verbreiten sich Informationen schnell und wer immer etwas lernen will, kann einfach solche Ressourcen nutzen und seine Ausbildung in der Weise gestalten, wie es ihm am besten liegt.