Die Ursprünge der Kesurokai

Kesurokai ist japanisch für ‚zusammen Hobeln’, und die gleichnamigen Treffen begannen 1995 in Japan, initiert von dem hochangesehenen Tempelbaumeister Sugimura San.

Sein Ziel war, verschiedene Handwerker, die normalerweise zurückgezogen arbeiten, zusammenzubringen, um traditionelle Handwerkstechniken und Wissen auszutauschen. Kernstück des Treffens ist ein Wettbewerb, möglichst lange und hauchdünne Späne von einem Holzbalken abzuhobeln, als Test für die Hobel- und Schärfkünste der Handwerker.


Hannes Schnelle with a paper-thin wood shaving.Diese Treffen helfen nicht nur, uralte Techniken am Leben zu erhalten, sondern vernetzen die Handwerker miteinander und sind auch für geschäftliche Verbindungen hilfreich. Die japanische Kesurokaibewegung hat rund 1500 Mitglieder und veranstaltet zweimal jährlich an wechselnden Orten in Japan ein Treffen.

Bestärkt vom Erfolg der japanischen Kesurokai fühlte Sugimura San, dass diese Form von Treffen auch für die Erhaltung von traditionellem Handwerk in anderen Ländern nützlich sein könnte. Eine Gelegenheit dazu ergab sich durch den deutschen Tischler Hannes Schnelle. Hannes hatte ursprünglich in Deutschland eine dreijährige Ausbildung zum Tischler gemacht, und ging dann auf die traditionelle Wanderschaft, um sein Wissen anzuwenden und zu erweitern. Während dieser Zeit verbrachte er geraume Zeit in Japan und wurde Sugimura Sans letzter Lehrling, bevor dieser sich zur Ruhe setzte.

Daraus entstand die erste europäische Kesurokai, die 2005 in Deutschland stattfand. Sie bot einen Rahmen für ein Forum von Handwerkern aus vielen europäischen Ländern: Deutschland, Grossbritannien, Frankreich, Tschechei, Schweden, Holland und eine von Sugimura San geleitete japanische Delegation. 2007 organisierte Hannes ein erweitertes Treffen in Deutschland, auf dem europäische und japanische Handwerker gemeinsam ein Tori bauten, ein traditionelles japanisches Tempeltor. Zur nächsten Kesurokai 2010 wird Hannes eine Gruppe europäischer Handwerker nach Japan führen, um dort ein japanisches Teehaus zu bauen.

In einem Zeitalter sich überstürzender technischer Entwicklungen, in dem Innovation höher angesehen scheint als Können, bietet Kesurokai eine faszinierende Rückbesinnung auf Grundwerte. Durch das gemeinsame Arbeiten überwinden diese Handwerker Kultur- und Sprachbarrieren und wirken daran mit, dass jahrhunderte alte Fähigkeiten weiterhin lebendiges Kulturerbe bleiben. Sie zeigen, dass diese Handwerke nicht nur ein Überbleibsel der Vergangenheit sind, sondern uns in puncto Nachhaltigkeit und Rohstoffknappheit helfen können, unsere Zukunft zu gestalten.