31. März 2010

Barfuß-Holzbearbeitung

Barefoot hewing

Leute reden oft über die Vorliebe der Japanischen Zimmerleute, barfuß zu arbeiten ... und stellen die Sicherheit dieser Arbeitsweise in Frage. Offensichtlich wird das in Japan immer so gemacht, und selbst Fotos aus dem Winter von Amemiya sans Website zeigen die Arbeiter mit flexiblen leichten Schuhen, daher nehme ich an, daß ein guter Stand auf dem Stamm sehr wichtig ist.

Was, wenn die Axt abrutscht? Nun, die Äxte sind so scharf und schwer, daß man definitv eine sehr massive Stahlkappe bräuchte, um sie zu stoppen (was vermutlich die wertvolle Schneide beschädigen würde!). Ich nehme an, der Hintergrund der Technik ist, die Füße aus dem Weg zu haben, für den Fall, dass die Axt weiter schwingt, als sie sollte. Barfuß arbeiten gibt einem den richtigen Anreiz, in diesem Punkt sicher zu gehen.

Im Zuge unserer Schnitz-Kurse wurden wir oft gefragt, ob neue Schüler einen Handschuh tragen sollten, der vor dem abrutschenden Messer schützt. Wir haben uns entschieden, daß es ein besserer Ansatz ist, Techniken zu vermitteln, die ein Abrutschen verhindern. Mit bloßen Händen hat man den besten "Grip" an den Werkzeugen, und der Schüler konzentriert sich auf die Sicherheit. Wir haben nur sehr wenige Verletzungen, insofern scheint sich das auszuzahlen.

more barefoot craftsmen

29. März 2010

Gemeinsam Hobeln

Planing together Kesurokai 2007

"Kesurokai" heißt auf Japanisch "Gemeinsam Hobeln" und im Mittelpunkt der Japanischen Kesurokai-Treffen stehen Hobel-Wettbewerbe. Hierbei treten die Hanwerker gegeneinander an, um möglichst lange, glatte, papier-dünne Späne von einem Holzklotz abzuhobeln. Dies ist nicht nur ein Test der Fähigkeiten mit diesem Werkzeug, sondern auch ihrer Schärf-Künste.

Japanese planes and sharpening Kesurokai 2007

Die Japanischen Handwerker sind sehr stolz auf ihre Schärf-Kunst und sie investieren viele Stunden, um die Werkzeuge in perfektem Zustand zu halten. Dieser Aufwand ist nicht verschwendet, da die Oberfläche, die ein gut geschärfter Hobel hinterläßt nicht weiter bearbeitet werden muß. Sie sparen daher die Zeit ein, die andere Zimmerleute mit dem Schleifen der Oberfläche verbringen würde.

Japanische Wassersteine sind berühmt für ihre gute Schleifleistung und wir verwenden sie, um die vielen Werkzeuge zu schärfen, die wir in unseren Schnitz-Kursen verwenden. Unsere sind jedoch günstigere, synthetische Steine, und wir waren über den Unterschied verblüfft, als Hannes uns einen Naturstein gab, den er aus Japan mitgebracht hat. Der Abtrag dieses Steins ist wirklich bemerkenswert.

27. März 2010

Mehr als Fähigkeiten teilen...

Eating together Kesurokai 2007

Ein wichtiger Aspekt der Kesurokai ist, das die Handwerker auch ihre Freizeit gemeinsam verbringen, sich unterhalten, die Unterkünfte teilen und gemeinsam Essen. Auf diese Weise gelingt ein viel tieferer Einblick in die jeweilig andere Kultur, als dies beim Arbeiten möglich wäre.

Essen (und Trinken!) ist sehr wichtig angesichts der schweren, körperlichen Arbeit, die diese Handwerker verrichten. Während Hannes und Michail unsere kleine Scheune gebaut haben, hatte ich das Gefühl, permanent nur am Einkaufen und Kochen zu sein, aber zum Glück waren sie gut beim Abwaschen!

Beim Bauplatz in Japan haben sie bereits einen tollen Koch- / Eßbereich mit traditionellem Mittelfeuer vorbereitet, der bereits gut genutzt wird:

On-site kitchen

Cooking and eating together

Ich freue mich schon sehr auf das traditionelle Japanische Essen, aber ich muß vorher nochmal ein wenig mit Eßstäbchen üben.

26. März 2010

Modellbau für den Pavillon

Ich habe ein paar neue Fotos bekommen, die zeigen, wie Hannes und Markus ein maßstäbliches Modell des Pavillons anfertigen, was ein wichtiger Teil des Bauprozesses ist.

Dies ist ein erstes Ausprobieren der gezeichneten Pläne, ein erster physischer Test, ob die Maße alle stimmen und das Puzzle am Ende zusammen paßt. Ich nehme an, dass erfahrenen Handwerkern wie ihnen hierbei auch auffällt, welche Teile der Konstruktion mögliche Probleme aufwerfen könnten, wenn der echte Pavillon gebaut wird.

Measuring from the plans

Hannes and Markus at work

The nearly-complete model

Nun ist das Modell noch nicht ganz, aber fast fertig - mehr Abbildungen findet Ihr im Photoalbum.

Im Arbeitsablauf heutiger Architekten wird der Bau von physischen Modellen immer mehr durch CAD Computermodelle verdrängt, was in mancher Weise schneller und genauer zu sein scheint. Allerdings unterrichte ich regelmäßig an der Sint Lucas School of Architecture, Brüssel, und oftmals argumentieren die dortigen Dozenten, die ich unterrichte, gegen Computer-Modelle. Sie sind der Meinung, dass man durch den physischen Modellbau viel mehr über das geplante Bauwerk lernen kann. Wenn man erst die nötige Erfahrung hat, kann man das Wissen auf CAD-Konstruktionen übertragen, aber wenn man mit dem Computer anfängt, sind Probleme vorprogrammiert.

Heute morgen habe ich in den Nachrichten gehört, daß Virgin ihr Formel-1-Auto umkonstruieren müssen, da der Benzintank zu klein ist, um das Fahrzeug bis zum Ende des Rennens zu bekommen. Das ist das erste F1-Auto, was ausschließlich am Computer entwickelt wurde, um Geld für den Bau und Test von Prototypen einzusparen.

25. März 2010

Japanische und Europäische Sägen

Ein weiterer, deutlicher Unterschied zwischen den Werkzeugen der Japaner und Europäer zeigt sich bei den großen Sägen, die zum Auftrennen der Stämme verwendet werden, d.h. um längs zur Faser des Holzes zu schneiden, anstatt quer dazu. In einem früheren Post habe ich bereits ein paar Bilder von der verbreitetsten Japanischen Säge gezeigt, die für diesen Zweck verwendet wird. Es ist ein eindrucksvolles Werkzeug:

Japanese rip saw

Die Säge, die Europäische Zimmerleute zumeist für diesen Zweck verwenden, ist eine Zwei-Personen-Säge wie diese, wobei allerdings Größe und Ausührung stark unterschiedlich sein können:

European rip sawing

In beiden Fällen wird ein langer, dünner Holzkeil verwendet, um die Schnittfuge offen zu halten, so daß sich das Sägeblatt während des Arbeitens nicht verklemmt:

Using wedges whilst sawing

Es gibt auch eine große Zahl von unterschiedlichen Sägen für die Querholzbearbeitung:

Cross cut sawing

24. März 2010

Video-Ethnografie

Nicola-filmingWenn was schief geht, ist die instinktive Reaktion wegzulaufen, allerdings ist das selten die beste Handlungsweise. Wie wir es immer wieder den Leuten sagen, die sich während unserer Schnitz-Kurse schneiden: Du mußt verstehen, was passiert ist, damit es nicht noch einmal passiert.


Ich hatte gerade eine schlechte Erfahrung: ein paar Leute, für die ich gelegentlich Filmaufnahmen mache, wollten die kompletten Aufnahmen, die ich gemacht hatte, wobei unsere Vereinbarung sich eigentlich nur um ein paar Sound-Schnipsel drehte, die ich für eine Website bereitstellen sollte. Instinktiv sagte ich sofort: "Vergeßt es!", aber konnte nicht sofort erklären, warum, was für einige Unzufriedenheit sorgte.

Wie dem auch sei, nun bin ich etwas schlauer geworden, was meine Art, Aufnahmen zu mechen angeht. Sie entstehen mehr mit dem Ziel einer forschenden Beobachtung als dass sie zur Veröffentlichung gedacht sind. Ich verwende unauffällige (aber High-Tech) Ausrüstung, ich habe unaufdringliche Filmtechniken entwickelt, und ich arbeite (mit einigem Erfolg) hart daran, mich unter den Leuten, die ich filme zu integrieren. Auf diese Weise komme ich ihnen sehr nahe und kann authentische Szenen einfangen, anstatt einer Art Schauspiel für die Kamera.

Das bedeutet, dass ich oft Dinge einfange, die eigentlich nicht aufgenommen werden sollten; Zeug, das möglicherweise zu persönlich bzw. unhöflich ist oder die aufgenommenen Personen unprofessionell erscheinen läßt. Daher bin ich sehr vorsichtig, was den Umgang mit den Aufnahmen angeht, ich verwende nie etwas, von dem ich das Gefühl habe, es könnte meine Vertrauensposition gefährden. Wenn es grenzwertig ist, frage ich vielleicht nach, aber nur, wenn ich die betreffende Person gut kenne, sonst würde ich nicht einmal die Frage riskieren. Ich finde nicht, dass ich diese Verantwortung auf andere übertragen kann, daher gebe ich niemals das Rohmaterial aus der Hand.

Obwohl diese Begebenheit unangenehm war, verstehe ich nun ein wenig besser, was ich tue ... und ich werde sicherstellen, dass es auch andere tun, die ich filme. Abschließend ein Video, das ich im Zuge der Forschung für meinen PhD gemacht habe:



23. März 2010

Deutsche und Japanische Behautechnik

Deutsche Zimmerer beginnen das Behauen eines Stammes zumeist mit dem Einschlagen von V-förmigen Kerben. Hierbei arbeiten zwei Handwerker zusammen, die abwechselnd in je eine Seite der Kerbe schlagen. Das ist sehr effizient und spannend anzuschauen (hier ein Video). Abschließend wird das Holz zwischen den Kerben entfernt, so daß eine ebene Fläche entsteht:

German hewing

Die japanische Methode besteht darin, zunächst die Fasern des Holzes mit einigen Axthieben zu schwächen, welche aber nur einseitig eingeschlagen werden, also ohne eine komplette Kerbe zu machen. Dann wird das "aufgelockerte" Haolz entfernt, indem die Axt wie ein Pendel geschwungen wird. Hierzu steht der Zimmerer barfuß auf dem Stamm, was ebenfalls spannend anzuschauen ist (hier ein Video).

Japanese hewing

Beide Methoden scheinen in etwa gleich effizient zu sein, und offensichtlich haben sich die jeweiligen Äxte in einer Weise entwickelt, die dem Gebrauch entspricht ... oder möglicherweise gibt die Art der Benutzung den Stil der Äxte vor!

20. März 2010

Behauen und Aufsägen

Ich hatte die Vorbereitung der Holzstämme erwähnt, die für den europäischen Pavillon etwa zwei Tage in Anspruch nehmen wird. Diese Vorbereitung ist nötig, da die Gebäude aus Stämmen entstehen, die vor Ort gefällt wurden.

Hier ein paar Fotos, die 2008 in Japan aufgenommen wurden, als Hannes bei den ersten Vorbereitungen mithalf. Zunächst wird der Stamm mit Äxten eingekerbt und dann mit einer Schrotsäge der Fällschnitt angesetzt.

Felling

Dann das Behauen, wobei der Stamm mit einer anderen Art von Axt vierkantig gemacht wird:

Hewing

Schließlich werden einige der größeren Stämme aufgesägt:

Sawing

Das ist nur ein Vorgeschmack von dem, was passiert - diese Fotos stammen von Amemiya sans Website, und hier sind noch einige mehr.

Die verwendeten Werkzeuge sind typisch für Japan und unterscheiden sich zum Teil stark von ihren europäischen Gegenstücken. Während der Kesurokai werden die Handwerker die Möglichkeit haben, Erfahrungen mit beiden zu sammeln. Hier ist eine Liste der Werkzeuge, die von der europäischen Gruppe mit nach Japan genommen werden. Sie werden am Ende der Veranstaltung an die japanischen Handwerker übergeben.

Arbeitsplan für den Pavillon

European Pavilion

Die Menge Arbeit für die Errichtung des Fachwerk-Pavillons, der in Japan während der Kesurokai gebaut werden soll, ist wirklich ehrfurchtseinflößend! Die neueste eMail von Hannes erklärt den Ablauf...

Die Zimmerleute werden in 7 Gruppen mit je 7 Leuten Arbeiten, gemischt aus Europäern und Japanern, und mit einem Europäischen Kopfzimmerer in jeder Gruppe. Das Projekt wird voraussichtlich 9 Tage zu je 8 Stunden Arbeit in Anspruch nehmen. [Das sind über 3500 Mann-Stunden Arbeit!]

Ein Teil des Holzes wird im Voraus von den japanischen Zimmerleuten vorbereitet, aber das meiste wird dann gemeinsam während der ersten zwei Tage bearbeitet - zuerst werden die Stämme behauen und dann aufgesägt. Während dieser Zeit werden Cornelius und Hannes den Aufriss vorbereiten, von dem die einzelnen Gruppen später die Maße für ihre jeweiligen Bauteile abnehmen können.

Die nächsten sechs Tage werden die Gruppen mit der Fertigung der einzelnen Bauteile verbringen - die Längswände des Gebäudes, die Giebelwände, die Dachsparren und das Gestell für den Grill! Wenn alle einzelnen Elemente fertig sind, wird das ganze Gebäude wie ein riesiges, hölzernes Puzzle zusammengesetzt.

Und während das alles passiert, arbeiten die restlichen Handwerker (wieder in gemischten Teams aus Europäern und Japanern) parallel an dem zweiten Projekt, dem Bau eines Teehauses:

Japanese tea house

18. März 2010

Edo craftsmen: master artisans of old Tokyo

Book

Ich habe in diesem Buch bis jetzt nur den Abschnitt über die Tempel-Zimmerleute gelesen, aber bin sehr beeindruckt. Das Buch ist sehr schön gemacht, mit grandiosen Schwarz/Weiß-Abbildungen und einfühlsam geschriebenen Texten, die den Eindruck vermitteln, dass der Autor sehr viel Zeit mit den Handwerkern verbracht hat, anstatt nur mit dem Fotografen schnell rein- und wieder rauszustürmen. Vielen Dank an Heinrich H für die Anregung!

Edo craftsmen : master artisans of old Tokyo / Text von Thomas F. Judge ; Fotos von Tomita Hiroyuki. ISBN 0-8348-0280-5.

17. März 2010

Bücher / Japanische Ästhetik

Ich habe kürzlich begonnen, Soetsu Yanagis Buch The Unknown Craftsman zum zweiten Mal zu lesen, und ich bin ein wenig frustriert. Ich habe es beim ersten mal sehr gerne gelesen, aber nun sehe ich das Ganze zwiespältig.

Nachem ich Brian Moerans Buch Folk Art Potters of Japan (siehe Hintergrund-Lektüre) gelesen habe, bin ich auf die enge Beziehung zwischen Yanagi und Bernard Leach fixiert und ich sehe, wie stark sie gegenseitig ihre Denkweise beeinflusst haben. Jetzt, wo ich The Unknown Craftsman lese, bin ich unsicher, wessen Stimme ich höre. Leach erklärt im Vorwort, dass er das ursprüngliche Manuskript verwefen musste, nachdem ein Assistent, der Japanisch und Englisch fließen sprach, feststellte, dass es "zu sehr Leachs Interpretation von Yanagi war, als dass man es eine Übersetzung nennen könnte".

Es scheint mir, als würde ich Yanagi durch eine Linse betrachten, die von Leach geschaffen wurde, und ich wünsche mir eine enger am Original gehaltene Übersetzung. Sicherlich wäre es am besten, es auf Japanisch zu lesen, aber ich muß auch realistisch sein und zugeben, dass das niemals passieren wird. (Ich bin ein großer Fan von klassischer Literatur und fand es immer klasse, Dostoevsky und Tolstoy im Original zu lesen!)

Nichtsdestotrotz ist es ein gutes Buch, ich sehe es aber jetzt in einem anderen Licht. Die Leach / Yanagi-Vision der Ästhetik ist eine Verbindung von Ost und West - für sich genommen sehr interessant, aber vielleicht nicht der Einblick in traditionelle japanische Ästhetik, den ich gesucht hatte.

Nun eine Überleitung zu einer anderen, makelbehafteten Schönheit...

Japanese-axe2

Autsch! Da hat Robin eine unschöne Scharte in seine japanische Axt gemacht, als er einen überwachsenen Nagel in dem Holz traf, was er für die Zaunpfähle behauen hat. Das muß nun erstmal wieder nachgeschliffen werden...

15. März 2010

Mittelalterliche Technologie mittels Technologie des 21. Jahrhunderts

Mittelalterliche Fachwerkbauten waren groß, schön gebaut und viele von ihnen stehen noch heute. All das wurde mit sehr einfachen Werkzeugen und Maschinen geschafft ...und ohne die heute üblichen, standardisierten Maßsysteme. Wie? ...Kreisbogengeometrie war vermutlich die Methode, mit der es gemacht wurde.

Hannes and Marc doing their geometry.

Hannes und Marc haben über das Wochenende an der Geometrie gearbeitet und die Pläne für den Pavillon gezeichnet, der in Japan gebaut werden soll. Während ich darüber mit Hannes per Skype redete, zeigte er mir, wie man dem Gesprächspartner den eigenen Bildschirm zeigen kann - eine Sache, von der ich vorher nichts wußte ... ja, er ist ein traditioneller Handwerker und ich bin Multimedia-Designerin! Es kam noch besser, als er mir erzählte, dass er auf diesem Weg die Kreisbogengeometrie erlernt hat. Während des ersten großen Kesurokai-Treffens hat der im Vereinigten Königreich wohnende Experte Cormac Seekings erklärt, wie diese Konstruktionsmethode funktioniert, und zwar mittels Skype, einem Laptop und einem Beamer. Eine großartige Verknüpfung von mittelalterlichen und modernen Technologien!

Ich werde Cormac bitten, es mir auch noch einmal genau zu erklären, aber der Hintergrund ist, dass Laurie Smith viele hundert Fachwerkbauten untersucht und vermessen hat. Es wurde entdeckt, dass sie einem bestimmten Raster folgen, das möglicherweise geometrisch konstruiert wurde. Vielfach findet man geometrische Symbole, die in die Balken eingeschnitzt sind, was diese Theorie untermauert. So wurden offenbar viele Gebäude vor Ort aufgerissen, mit einem Stechzirkel um die Hilfskreise zu zeichnen, einem Bleilot und einer Kreideschnur.

Heute werden die Pläne im Vorfeld auf Papier angefertigt, dann ein maßstäbliches Modell gebaut, um die Genauigkeit der Pläne zu überprüfen. Für die Kesurokai ist dies wichtig, da eine Zuschnittsliste des benötigten Holzes nach Japan vorgeschickt werden muss, damit im August alles vorbereitet ist. Hier ist ein Teil des fast fertigen Plans:

Pavilion geometry

Im Moment arbeiten sie an dem Modell und werden mir Bilder schicken, sowie es fertig ist.

Abschließend hier noch ein Video des Französischen Zimmerermeisters Jean-Louis Velentin, in dem er über Dach-Geometrien redet...normalerweise mag ich diese "Sprechender Kopf"-Videos nicht so sonderlich, aber er erzählt mit so viel Leidenschaft, dass ich es sehr fesselnd finde (oder möglicherweise lasse ich mich leicht von französischem Akzent verführen!)

14. März 2010

Website auf Deutsch

images of Kesurokai 2007 from our German web site

Da der Organisator der Kesurokai, Hannes Schnelle, und viele unserer Handwerker Deutsche sind, habe ich nun die deutsche Website www.kesurokai.de auf den neuesten Stand gebracht. Das war gar nicht einfach, da es sehr lange her ist, dass ich Deutsch in der Schule gelernt habe!

Daher vielen Dank an die Grünholz-Bearbeiter Michail and Katy Schütte, die einen großen Teil des Textes übersetzt haben, sowie meinen guten Freund Michael Hohl, der mir geholfen hat, alles fertig zu stellen.

Amerikanische Breitaxt

Ein etwas leichtfertiger Post am Sonntag Morgen...gestern bin ich auf der Suche nach Bildern von Robins Zimmer-Axt über dieses Foto gestolpert. Ich glaube nicht, daß Robin die Axt ernsthaft benutzt, aber sie wurde ihm von einem Freund aus den USA angeboten - es ist ein so wundervolles Ding, das er nicht widerstehen konnte und es seiner Sammlung zugefügt hat.

American broad axe

Ich kann die Axt gerade mal mit beiden Händen anheben, so daß meine ganze Bewunderung Leuten gilt, die so ein Ding den ganzen Tag schwingen. Aber die Technik ist dabei genauso entscheidend wie Kraft. Wenn Du Amemiya san in dem youTube Video unten auf dieser Seite beobachtest, kannst Du sehen wie er das Gewicht der Axt zum Hacken nutzt, wobei das Werkzeug wie ein Pendel schwingt.

13. März 2010

Japanische Zimmerer-Axt

Die Axt, die Robin Wood benutzt hat, um die Zaunpfähle zu behauen, wurde für ihn von Hannes Schnelle gekauft, als dieser das letzte Mal in Japan war, um Vorbereitungen für die bevorstehende Kesurokai zu treffen. Es ist ein wunderschönes Werkzeug und bereitet Robin viel Freude! Hier ist die Axt, als sie ankam - verpackt in schöne, hauchdünne Hobelspäne...

Axe

Robins japanischer Freund und Drechsler-Kollege Tomio Imaru hat uns eine ungefähre Übersetzung der Inschrift geschickt:

Vermutlich handelt es sich bei den beiden großen Wörtern in Kanji um den Namen des Schmieds "kajiya-mei". Üblicherweise markiert der Schmied die Klinge mit seinem Schmiedenamen (der manchmal nicht dem realen Namen überein stimmt). Es sieht aus wie 幸英. Auf der Unterseite der Klinge sehe ich den Ort der Werkstatt 土佐. Tosa ist der Name einer japanischen Präfektur, die auf der Insel Shikoku liegt. Fast alle japanischen Äxte haben 7 Streifen; vier auf der rechten und drei auf der linken Seite der Axt. Diese Streifen symbolisieren den Dank für das Holz, die sichere Holzbearbeitung und das Opfer von Alkohol und Saatgut.

Robin liebt Äxte und hat eine große Sammlung davon - ich werde mal schauen, ob ich ihn dazu bewegen kann, ein paar davon zu fotografieren und etwas dazu zu schreiben.

9. März 2010

Spalten eines großen Eichenstammes

Robin Wood hat kürzlich einen sehr großen Eichenstamm gespalten, aus dem er Zaunpfähle und Geländer bauen will. Sein derzeitiges Hauptprojekt ist der Bau einer Fußgängerbrücke in Bradfield (nicht weit entfernt von meinem Wohnort), und der Zaun wird den Zuweg zur Brücke einfassen.

Die Eiche wurde in den Eccleshall Woods nahe Sheffield gefällt, ursprünglich für ein Buprojekt von jemand anders, aber es wurde schnell klar, dass eine große Zahl versteckter Nägel in dem Stamm stecken. Nachdem bereits sechs oder mehr Nägel freigelegt waren, wurde entschieden, daß die Gefahr, die Gattersäge zu beschädigen, zu groß ist. Robin fand es aber viel zu schade, ein so schönes Stück Holz wegzuwerfen und entschloss sich, es mit Handwerkzeugen zu bearbeiten.

Zum Spalten wurden zunächst Metallkeile verwendet, dann lange, dünne und gut getrocknete Eichenkeile, die Robin selbst geschnitzt hat - alle Keile wurden mit einem großen Vorschlaghammer eingetrieben. Nachdem der Stamm erstmal in zwei Hälften geteilt war (jeweils 3,60 m lang und ca. eine halbe Tonne schwer), wurden die Stücke weiter gespalten, jedes Mal in zwei Hälften, damit der Spalt gerade verläuft.

The oak log cleft in two.

Medulary rays and the final cleft into fencing rails.

Robin sagte nach getaner Arbeit, dass es zwar ein harter Tag war, aber eine Menge Spaß gemacht hat, ein so tolles Material zu verwerten, bei dem die elektrischen Maschinen versagt hatten.

Abschließend ein Bild des Ortes, wo die ersten Zaunpfähle platziert werden. Robin hat die Oberfläche mit seiner japanischen Zimmerer-Ono (Axt) behauen, was sehr viel Spaß macht. Es gibt wahrscheinlich nicht viele Beispiele für japanisch Behautechnik im Vereinigten Königreich, aber vermutlich wird das kaum jemand bemerken.

Bridge site in Bradfield and Japanese axe.

Weitere Bilder und Informationen in Robins Blog hier und hier.

7. März 2010

Profil: Robin Wood

Battle-robin

Robin Woods handwerkliche Fähigkeiten sind sehr breit gestreut. Am besten bekannt ist er für seine Arbeit mit der traditionellen, fußgetriebenen Drechselbank (Wippdrechseln) und das Buch, was über die Geschichte dieses Handwerks geschrieben hat (The Wooden Bowl). Wir geben gemeinsam Kurse im Löffelschnitzen ...er ist mein Mann, falls Du das noch nicht bemerkt hast! Auch benutzt er traditionelle Fachwerktechniken, um Brücken, Zaunübertritte, Tore, Bänke und andere landschaftliche Objekte anzufertigen.

Er ist auch sehr engagiert, traditionelle Handwerkstechniken zu erhalten und weiter zu geben. Dazu hat er die Heritage Crafts Association gegründet, die sich als Interessenvertretung der traditionellen Handwerke versteht. In Zusammenarbeit mit öffentlichen Stellen bietet sie einen Knotenpunkt für Handwerker, Gruppierungen, Gesellschaften und Gilden und auch einzelne Personen, die verhindern wollen, dass traditionelle Handwerksfähigkeiten in Vergessenheit geraten. Die Heritage Crafts Association strebt weiterhin nach einem nachhaltigen und gesunden Gerüst für Zukünftige Aktivitäten.

Robins Gründe zur Teilnahme an der Kesurokai sind zweierlei. Zum einen, aus der Sicht des Handwerkers, freut er sich auf das gemeinsame Arbeiten und den Austausch von Fähigkeiten mit den anderen Handwerkern, sowohl Europäern wie auch Japanern. Zweitens sucht er nach Anregungen, wie die Heritage Crafts Association es schaffen kann, dass die Fähigkeiten von einer Generation an die nächste weiter gegeben werden - eine Tradition, die in Japan viel länger gelebt wurde als im Vereinigten Königreich.

Viele weitere Informationen über Robin sind auf seiner Website und in seinem Blog zu finden.

6. März 2010

Neue Finanzierung

Sasakawa logoCormac Seekings hat gerade die großartige Neuigkeit erhalten, dass er eine Spende der GB Sasakawa Foundation für seine Studienreise der Minka-Holzbauten bekommt, die im Anschluss an die Kesurokai stattfindet.

Mehr Informationen zu Cormac und seiner Arbeit gibt es hier.

5. März 2010

道 Dō

Sofern ich die Finanzierung bekomme, werde ich meinen Besuch in Japan noch 10 Tage ausdehnen und an einer Konferenz in Tokyo teilnehmen, bei der es um das Konzept von 道 Dō in der Ethnografie geht (Beschreibung siehe unten)

Ich muß dort nicht zwingend einen Text einbringen, ein Film wäre auch eine Möglichkeit, und auf eine erste Anfrage hin schienen die Organisatoren der Konferenz starkes Interesse an der Kesurokai zu haben. So hoffe ich, dass ich während der Woche zwischen dem Ende der Kesurokai und dem Beginn der Konferenz irgendwo unterkomme, wo ich einen ersten Zusammenschnitt des Fils erstellen kann.

Die Formulare für die Finanzierung müssen bis Ende des Monats eingereicht werden - eigentlich sollte ich mich damit beschäftigen, statt zu bloggen!


Von der Website der Epic 2010 conference:

道 Dō captures the sense of individual mastery that is achieved only with the help of a community and its rich heritage. 道 Dō implies a body of knowledge and tradition with an ethic and an aesthetic. 道 Dō is the “path” we have travelled and also the way ahead of us.

道 Dō in ethnography symbolizes the dynamic between ethnography’s internal strengths (its essence, our values, its heritage, its rigor and disciplined approach) and its applications to the world (to enhancement of people’s lives, to innovation, to transformation of industries, to business growth). It is the “path” we have come from but also the way ahead of us.

4. März 2010

Hintergund-Lektüre (Englisch)

Ich bin mir sehr bewusst über die kulturellen Unterschiede zwischen Europa und Japan, und daher habe ich versucht mich in Vorbereitung auf unseren Besuch ein wenig einzulesen. (Ich gebe zu, dass ich wahnsinnig viel lese, und da Robin wahnsinnig viele Bücher kauft, habe ich immer Lesefutter!)

Das erste Buch ist Japanese woodworking tools: their tradition, spirit and use von Toshio Odate. Dieses Buch beschreibt nicht nur die einzelnen Werkzeuge sehr detailreich, sondern gibt auch einen wundervollen Einblick in das Leben der japanischen Handwerker. Der Autor lebt mittlerweile in Amerika, wurde aber in Japan geboren und absolvierte dort eine Ausbildung zum Schiebetürmacher. [ISBN 0-85442-075-4]

Dann gibt es ein zusammengehöriges Trio von Büchern, die sich zwar mehr mit Töpferei beschäftigen als mit dem Holzhandwerk, aber auch einen großartigen Einblick in japanische Ästhetik und Handwerkskunst bieten.

  • The Unknown Craftsman von Soetsu Yanagi, dem Gründer der japanischen "Folkcraft"-Bewegung, ist ein klassisches Buch, was die WErte von Kunst, Schönheit und Handarbeit betrachtet. [ISBN 0-87011-352-6]
  • Susan Petersons Buch Shoji Hamada: a potter's way and work bringt eine schöne Beschreibung der Arbeit in der Töpferei während der vier Monate, die der Autor dort verbrachte. [ISBN 0-7136-6772-9]
  • Folk art potters of Japan: beyond an anthropology of aesthetics von Brian Moeran ist vom Stil eher akademischer Natur, aber es vermittelt eine gute Perspektive auf die anderen beiden Bücher. Es untersucht die britischen Ursprünge der ästhetischen Ideale von Yanagi und Hamada und wie sie das Leben japanischer Töpfer beeinflusst haben. [ISBN 0-7007-1039-6]

Ich könnte jetzt weiter machen und verschiedene Texte von und über Bernard Leach lesen, aber ich glaube, ich habe fürs erste genug über Töpferei erfahren!

Books

3. März 2010

Profil: Cormac Seekings

Cormac Seekings Cormac Seekings' Leidenschaft ist das Arbeiten mit Rundholz und minimal bearbeiteten Stämmen, sowohl in Fachwerk- wie in Blockhauskonstruktionen.

Er lebt in Schottland und ist somit einer der vier Teilnehmer der disjährigen Kesurokai, die aus dem vereinigten Königreich kommen. Angeregt wurde er durch die Erfahrungen während des gemeinsamen Arbeitens mit den japanischen Zimmerleuten beim Bau des Torii 2007.
Nach dem Treffen wird er ein paar Wochen mit einer Studienreise der Minka-Architektur verbringen.

Die Tradition der Minka-Bauernhäuser ist ein fruchtbarer Boden, um sowohl Fachwerk- wie auch Blockhaus-Zimmerei zu untersuchen. Die beiden Stile wurden hier in (für Europäer) ungewöhnlicher Weise kombiniert, sowohl hinsichtlich der Konstruktion wie auch bei den Holzverbindungen.

Cormac glaubt, dass die Minka aus den feucht-kalten Regionen Japans viele Anregungen für den Bau von Holzhäusern in Schottland bieten. Da er sehr engagiert ist, Leute beim Eigenbau zu unterstützen und die Fähigkeiten zum Bau einfacher Häuser zu vermitteln, hofft er, hier selbst viel lernen zu können.


A house built by Cormac (click for a larger image) Cormac on-site

1. März 2010

Profil: Hannes Schnelle

Hannes Schnelle Hannes ist der Hauptorganisator der Kesurokai auf der europäischen Seite, der auch bereits die beiden Treffen 2005 und 2007 in Deutschland verantwortlich war.

Nach einer dreijährigen Ausbildung als Möbeltischler wurde Hannes Wandergeselle und verlies seine Heimatstadt in Deutschland, um seine Fähigkeiten zu vermitteln und neue zu erlernen. Seine Reise führte ihn bis nach Japan, wo er 2003 als letzter Auszubildender von dem hoch angesehenen Tempelbaumeister Sugimura san, dem Gründer der japanischen Kesurokai, akzeptiert wurde. Während dieser Zeit erlernte Hannes die japanische Sprache, wurde in der Handwerkergemeinschaft akzeptiert und kehr seitdem regelmäßig zurück, um dort zu arbeiten.

Seit 2006 arbeitet er in Deutschland und fertigt traditionelle japanische Tischlerarbeiten mit europäischen Einflüssen. Dies umfasst kleinere Projekte wie Shōji, traditionelle japanische Schiebetüren, und größere Fachwerkbauten. Er leitet darüber hinaus regelmäßig Kurse über trationelle Handwerkstechniken und das Schärfen der Werkzeuge und maht Vorführungen und Präsentationen seiner Arbeit.

Er hat seit 2008 zusammen mit Amemiya san an der Vorbereitung der diesjährigen Chisana Kesurokai gearbeitet und hier siehst Du ihn zusammen mit dem japanischen Team. Das Foto stammt von Amemiya sans website (auf Japanisch).


Hannes (far right) with the Japanese carpenters.